Montag, 3. November 2014

Zwei sehr unterschiedliche Wochen

22.September - 5.Oktober.2014
Hallo Leute!
Meine letzten zwei Wochen sind sehr unterschiedlich gelaufen. Aber generell ist alles auch sehr anders. Am Montagabend ist ein Wind gekommen und hat sich entschlossen den Sommer in südlichere Landschaften zu pusten. Direkt am Tag des offiziellen Herbstbeginns war Schluss mit Sommer und Sonnenschein und das hat auch gleich auf die Laune geschlagen. Zudem kam es, dass nicht nur das Wetter weggeblasen war, sondern auch die anderen Freiwilligen. Zwei von den anderen Freiwilligen mussten das Land verlassen, weil ihr dreimonatiges Touristenvisum nicht mehr gültig ist. Ich hoffe das gleiche passiert nicht mir. Die mazedonischen Botschaften im Ausland können sehr schnarchig sein.

Jedenfalls war der Plan mit der Sortierung meiner Projektideen zu beginnen und Materialien für den Deutschunterricht, den ich geben werde, zu sammeln, jedoch ist kaum etwas in der Richtung passiert. Erst diese Woche kam ich dazu. Die Woche davor hatten wir viel Besuch im Jugendzentrum und es waren nur der andere Freiwillige aus Frankreich, unsere Projektkoordinatorin und ich dort. Größtenteils waren es spontane Spiele, die wir gespielt haben wie Reise nach Jerusalem, Bowling mit Plastikflaschen, Fußball oder einfach freie Beschäftigung. Fußball wird auf der Straße gespielt, ist aber nicht wirklich mein Favorit, auch weil man alle 30 Sekunden ein Auto vorbeilassen muss, weil auf der Straße gespielt wird. Dabei war es noch relativ schwer mit den Kindern zu kommunizieren, aber sie hatten nicht viele Hemmungen mich z.B. zu kitzeln oder um meine Hilfe bei ihren Hausaufgaben zu bitten.
Hier eine Liste von Ausdrücken, die ich bereits kenne und daher oft benutze:
-Ich weiß nicht
-Ich verstehe nicht.
-Was ist das?
-Gut!
-Schön!
-Waruuum?!
-Friedlich!!!
-Lass es!
-Los!
-Guck!
-Gib!
Mit diesen Ausdrücken kommt man schon relativ weit im Kontakt mit den Kindern. Und auch mit Mazedoniern generell. Auch beim Einkaufen kann ich mich bereits gut navigieren, auch wenn mein "Ich will das!" in der Bäckerei etwas unhöflich wirken könnte. Ich denke, das zeigt so ziemlich wie meine Woche war. Mein Mittag ist jeden Tag etwas von der Bäckerei. Kifla, Burek oder ähnliches. Dabei bin ich nicht allein. Auch die Kinder gehen in den Pausen zu den fast food Läden, denn in den Schulen gibt es keine Mensa.

MultiКулти Jugendzentrum
Die Nachbarschaft des MultiКулти


Ich kann ja mal einen typischen Tag aufschreiben, auch wenn das etwas ausgenudelt ist:
9:30 Es weckt mich auf Toshe Proeski
11:15 Wir gehen zum Office von CID
11:?? Von da aus weiter zum MultiKulti
12:00 Wir bringen meistens noch etwas zu essen von der Bäckerei und beginnen dann den Tag
16:00 Multikulti schließt. Ich finde es schön wie der Gesang von der nahen Moschee unseren Feierabend einläutet. Ich weiß bis heute nicht, wo sie ist. Eine kunstvoll verschnörkelte, albanische Vibratomelodie erklingt von irgendwoher aus dumpfen Lautsprechern. Es ist fast in dem gesamten albanischen Viertel hörbar.
16:?? Irgendwann kommen wir wieder im Office an und reden oder lösen irgendwelche Probleme bezüglich unserer Wohnung. Die erste Woche hatten wir sogar eine Aufgabe: Die zahlreichen Postkarten vom CID abziehen und neu aufkleben. Lasst mich euch ein Bild zeigen:


Die Postkarten werden angebracht


 

Einer der Jobs von manchen in der Organisation ist es zu diversen Workshops, Workcamps, Trainings, Meetings oder anderen Anglizismen zu reisen. Da die Welt der NGOs stark vernetzt ist, finden diese Sachen international in unterschiedlichsten Ländern statt. Manchmal können sie uns Freiwillige sogar mitnehmen, wie das erste Wochenende in Prilep. Dort waren wir einen ein paar Stunden, aber es hat gereicht um die Stadt zu erkunden. Prilep liegt auf der anderen Seite von Mazedonien und ist dennoch innerhalb von zwei Stunden zu erreichen. Es hat mir noch mal gezeigt wie winzig Mazedonien doch ist, viel zu bieten hat es dennoch. Als wir die relativ Platte Ebene verlassen haben kamen wir in die zentrale bergige Region des Landes und es ist wirklich sehr schön und ursprünglich. Am meisten hat mich aber die Ruine eine mittelalterlichen Burg gleich neben der Autobahn begeistert. So eine richtige Autobahn ist es jedoch auch nicht. Es sind zwei Spuren und die haben vermutlich nie einen Stau gesehen. Prilep selbst ist eine wirklich süße Stadt. Das Zentrum inkulsive Einkaufsstraßennetz ist in etwa so groß wie der Marktplatz von Halle. Der Baustil ist von den osmanen übernommen. Die Wege sind klein und sehr vernetzt. Die Dächer sind niedrig und obwohl man mitten im Zentrum ist hat man das Gefühl in einem Dorf zu sein. Am meisten hat mir der Berg gefallen auf den man Ausblick von jeder Straße der Stadt hat.
Prilep mit Matthieu im Vordergrund und dem Berg im Hintergrund

Auf dem Rückweg bin ich nicht etwa zurück nach Kumanovo gefahen, sondern habe gleich die Möglichkeit genutzt gefahren zu werden und gebeten mich an einem Dorf nahe Skopje abzusetzen, um zum Weinfest zu kommen. Es war wirklich ein schönes Gefühl allein in diesem winzigen Dorf auf den Bus zu warten. Ich habe mich endlich frei und selbstbestimmt gefühlt. Der Bus selbst war auch sehr witzig. Er war fast genau so aufgebaut wie Londons Touribusse. Ich habe genossen im ersten Stock zu sitzen und zu sehen wie der Bus an jedem Stein anhält.

Beim Weinfest in Skopje habe ich einige Freiwillige aus Deutschland wiedergesehen, aber auch neue kennengelernt aus den USA. Peace Corp sendet jede Menge Freiwillige für mindestens 3 Jahre mit intensivem Sprachkurs und Gastfamilie in das Land. Außerdem habe ich mich mit ehemaligen EVS-Freiwilligen getroffen, die gerade in Skopje sind. Kennengelernt habe ich sie durch die facebook-Gruppe EVS-Couchsurfing und das war auch so ziemlich der praktische Nutzen dabei. Gegen Ende war es dort sehr eskalativ und die Mazedonier haben uns sogar einen traditionellen Tanz beigebracht.
Dabei ist man im Kreis und fässt sich an den Händen. Schritt nach rechts, tipp links, tipp rechtes und wieder ein Schritt nach rechts. Sehr simpel und schnell gelernt. Eigentlich wird es auf Hochzeiten getanzt, aber als wir den Kreis begonnen haben, waren andere Leute nicht scheu dazuzukommen und so haben wir internationalen Freiwilligen mit den Mazedoniern zu mazedonischer Volksmusik gemeinsam getanzt.
-Die wahre Austauscherfahrung!

Die nächste Woche habe ich ein bisschen meine Motivation verloren. Es war alles ein wenig eintönig geworden. Der Anfangsschub ist vorbei und langsam breitete sich Alltag aus. Ich habe es geschafft meine Projektideen zu sortieren und etwas an Materialien zu suchen für den Unterricht, aber wirklich produktiv war ich nicht.
Diese Woche kam eine neue Freiwillige aus Rumänien, ursprünglich aus Moldavien. Das hat nochmal einen neuen Anstoß gegeben und bald haben wir wieder fast jeden Abend etwas zusammen gemacht. Die meiste Zeit haben wir gemeinsam traditionelle Gerichte aus unseren Heimaten gekocht und verschiedene Leute eingeladen. Am Tag der Deutschen Einheit gab es wieder Rotkraut, aber diesmal wusste ich wie es geht. Außerdem gab es gebratenen Kürbis, Burek, karibisches Hühnchen mit Ananas...

Am Samstag gab es noch eine Besonderheit für mich: Der Foto Kino Club Kumanovo organisiert einen kostenlosen Fotokurs und ich habe die Gelegenheit genutzt, um Leute kennenzulernen und ein wenig über Fotographieren zu lernen (so viel verstehe ich dann noch nicht). Es war nett von dem Organisator mir am Ende noch alles zu übersetzen und mir sogar noch die Lokalitäten vorzustellen.
Am Sonntag hatte ich vor erneut zu versuchen raus aus der Stadt zu kommen, bin aber wieder gescheitert. Die neue Freiwillige hatte auch das Interesse neue Orte zu erkunden. Letztenendes sind wir gemeinsam zu der Statue am Stadtrand gelaufen und haben einen etwas heruntergekommenen Stadtpark gefunden.

Außerdem habe ich einen tumblr-blog erstellt. Das Thema ist der Reichtum an Sprachen und die Vielfalt die er mit sich bringt. Check it out! lookingfortheword.tumblr.com

Inzwischen fühle ich mich sehr wohl in meiner neuer Heimat. Mein Zimmer fühlt sich auch an wie mein Zimmer und ich muss jedesmal lächeln, wenn ich die mazedonische Flagge sehe.

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